Kooperationen im Bereich Forschung und Entwicklung unter Geheimhaltungs­vereinbarungen

Während der Entwicklung von neuen Produkten stehen Unternehmen häufig vor dem Problem, dass diese zur weiteren Produktentwicklung auf Know-How von Kooperationspartnern angewiesen sind. Beispielsweise ist es oft notwendig, Spezialisten für bestimmte technische Gebiete ins Boot zu holen oder mit Lieferanten über die Fertigung und Montage des zukünftigen Produktes zu sprechen.

Unserer Erfahrung nach kommt es an dieser Schnittstelle häufig zu Missverständnissen oder gar zu Streitigkeiten, die sich jedoch im Vorfeld durch schriftliche Vereinbarungen verhindern lassen.

Häufig verzögert sich hierdurch der nötige Austausch von Informationen mit Lieferanten, um das geheime Know-How, das hinter der Produktentwicklung steckt, zu schützen. Dabei könnte die Produktentwicklung oft viel schneller fortschreiten, wenn Unternehmen den Mut hätten, über Neuentwicklungen zu kommunizieren. Zwar ist Unternehmen meist bewusst, dass sich diese Problematik durch eine Patentanmeldung oder Gebrauchsmusteranmeldungen lösen lässt, jedoch sind die Schwierigkeiten in der Produktentwicklung häufig tiefer verwurzelt. Oft wollen Unternehmen beispielsweise mit einer Patentanmeldung abwarten, bis erste Aussichten zur Vermarktung des Produktes bekannt sind oder die Produktentwicklung ist noch nicht in allen Einzelheiten geklärt oder es fehlen schlichtweg Zeichnungen für die Erstellung einer Patentanmeldung, die das Unternehmen nicht selbst erstellen kann.

Um diesen Schwierigkeiten in der Produktentwicklung aus dem Weg zu gehen, empfehlen wir unseren Mandanten, mit Kooperationspartnern eine Geheimhaltungsvereinbarung abzuschließen. Auf diese Weise können Sie offen mit Ihren Kooperationspartnern kommunizieren und sind im Ernstfall rechtlich abgesichert, wenn beim Sie Entwurf der Geheimhaltungsvereinbarung einige Gesichtspunkte beachten.

Das Kernstück einer Geheimhaltungsvereinbarung ist das Know-How, über welches es die Verschwiegenheit zu wahren gilt. Das Know-How, so wie Sie es dem Kooperationspartner übergeben wollen, sollten Sie im Anhang zu der Geheimhaltungsvereinbarung dokumentieren. Sofern es sich dabei um eine überschaubare Seitenzahl handelt, ist es empfehlenswert, jede Seite der Know-How-Dokumentation gesondert von beiden Vertragspartnern zu unterzeichnen. Handelt es sich um umfangreicheres Material, sollten Sie Dokumente über Know-How im Anhang einer Geheimhaltungsvereinbarung genau mit Datum, Titel, Inhaltsangabe, Seitenzahlen etc. benennen.

Auch einer unserer Mandanten, die DanielDüsentrieb GmbH (Name geändert), fand sich erst kürzlich in einer solchen Situation wieder. Die DanielDüsentrieb GmbH hatte ein Herstellungsverfahren verbessert und Verhandlungen zur Herstellung einer Fertigungsanlage mit einem Lieferanten aufgenommen. Die DanielDüsentrieb GmbH war der Auffassung, dass es sich bei der Verbesserung um eine gewöhnliche Weiterentwicklung handle und hat dementsprechend kein Patent für die Weiterentwicklung beantragt. Diese Einschätzung teilte der Lieferant offensichtlich nicht, denn er meldete die neue Fertigungsanlage noch vor der Auslieferung zum Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent-und Markenamt an. Hierüber unterrichtete der Lieferant die DanielDüsentrieb GmbH nach der Eintragung des Gebrauchsmusters. Dies erfreute die DanielDüsentrieb GmbH nicht, denn sie hatte gehofft, dass das Verfahren, mit dem sie eine beträchtliche Summe an Herstellungskosten einsparen konnte, zumindest geheim bleiben würde, so das Wettbewerber von diesem Produktionsvorteil zunächst nichts erfahren würden. Diese Hoffnung wurde mit der Veröffentlichung des Gebrauchsmusters zerschlagen. Um diesen Schaden jedoch nachträglich zu begrenzen, verhinderte die DanielDüsentrieb GmbH zumindest, dass der Lieferant die Fertigungsanlage Wettbewerbern der DanielDüsentrieb GmbH anbieten konnte, indem die DanielDüsentrieb GmbH den Lieferanten unter Ausnutzung ihres Auftraggeberstatus zur Übertragung des Gebrauchsmusters bewog. Allerdings sei angemerkt, dass mehrere günstige Faktoren zu dieser besonders gütlichen Einigung geführt haben, nämlich die Größe und Marktposition der DanielDüsentrieb GmbH und ein unzureichendes Netzwerk des Lieferanten zu Wettbewerbern der DanielDüsentrieb GmbH.

Hätte die DanielDüsentrieb GmbH mit dem Lieferanten eine Geheimhaltungsvereinbarung abgeschlossen, wäre der Lieferant sicherlich zurückhaltender mit einer Gebrauchsmusteranmeldung gewesen. Selbst wenn es zu einer Gebrauchsmusteranmeldung gekommen wäre, hätte die DanielDüsentrieb GmbH den entstandenen Schaden mit einer Strafzahlung kompensieren können.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil einer Geheimhaltungsvereinbarung ist die Benennung einer Vertragsstrafe. Mit einer Vertragsstrafe verpflichtet sich der Informationsempfänger zur Zahlung einer erheblichen Geldstrafe an den Informationsgeber. In der Regel bewegt dies den Informationsempfänger dazu, bei der Verwaltung des geheimen Know-Hows besondere Sorgfalt walten zu lassen. Bei der Höhe der Vertragsstrafe ist ein Kompromiss zu finden, zwischen dem was der Informationsempfänger bereit ist zu unterzeichnen, zwischen dem was gerade noch verhältnismäßig ist und zwischen dem Geldwert des Know-Hows bzw. zwischen einem denkbaren Schaden, der durch eine Zuwiderhandlung gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung verursacht werden kann.

Nicht immer enden Streitigkeiten über das Eigentum von Know-How so günstig und friedlich wie für die DanielDüsentrieb GmbH. In einer ähnlichen Konstellation traf sich die Pech GmbH mit ihrem Lieferanten, der Dagobert AG, mit dem sie bereits langjährige Geschäftsbeziehungen pflegt. Die Dagobert AG ist ein spezialisierter Lieferant für chemische Substanzen mit Sitz in den USA und ist zum damaligen Kenntnisstand weltweit der einzige Lieferant, der die benötigte chemische Substanz herstellen kann. Obwohl die Besprechungen mit der Dagobert AG technisch kompliziert und umfangreich waren, beantragte die Pech GmbH kein Patent. Zwei Jahre nachdem die Dagobert AG die Produktion aufgenommen hatte und das entsprechende Produkt der Pech AG zwischenzeitlich einen großen Markterfolg erzielt hatte, erhöhte die Dagobert AG plötzlich den Lieferpreis für die chemische Substanz um 50 %. Darüber hinaus waren inzwischen auch andere Wettbewerber der Pech GmbH auf dem Markt, die die gleiche Substanz von der Dagobert AG bezogen.

Für die Pech GmbH war dies der Anlass sich nach einem neuen Lieferanten umzusehen. Erfreulicherweise fand sich ein europäisches Traditionsunternehmen, die Schüttel KG, das die gleiche Substanz zu einem deutlich geringeren Preis liefern konnte. Allerdings stellte sich im Zuge der Vertragsverhandlungen mit der Schüttel KG heraus, dass die Dagobert AG längst ein Herstellungsverfahren sowie die chemische Substanz in den USA und in Europa zum Patent angemeldet hatte. Unter diesen Umständen war die Pech GmbH nicht berechtigt, die Substanzen von einem anderen Lieferanten als der Dagobert AG zu beziehen.

Die jährliche Ersparnis zwischen den Lieferanten Dagobert AG und Schüttel KG belief sich auf mehrere hunderttausend Euro. Vor diesem Hintergrund war die Pech GmbH nicht bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Erfreulicherweise konnte die Pech GmbH belegen, dass Zeichnungen, die der Patentanmeldung der Dagobert AG beigefügt waren, ursprünglich aus dem Hause der Pech GmbH stammten und von Mitarbeitern der Pech GmbH angefertigt wurden. Vor diesem Hintergrund gelang es zwar nach langen außergerichtlichen Verhandlungsrunden mit den Anwälten der Dagobert AG zu erreichen, dass die Pech GmbH als Mitinhaber der inzwischen erteilten Patente aufgenommen wurde, sodass die Pech GmbH die Substanzen von der Schüttel KG beziehen konnte. Allerdings musste die Pech GmbH ihren Marktvorteil einbüßen, da diese nicht verhindern kann, dass ihre Wettbewerber weiter bei der Dagobert AG einkaufen. Ein Rechtsstreit unter US-amerikanischen Recht kam für die Pech GmbH dennoch nicht in Frage.

Hätte die Pech GmbH mit der Dagobert AG eine Geheimhaltungsvereinbarung mit einer angemessenen Vertragsstrafe abgeschlossen, so hätte die Dagobert AG die chemische Substanz vermutlich nicht zum Patent angemeldet. Selbst wenn die Dagobert AG die chemische Substanz trotz einer drohenden Vertragsstrafe zum Patent angemeldet hätte, wäre der entstandene Schaden mit einer Strafzahlung zu kompensieren gewesen. Alternativ lassen sich drohende Strafzahlungen auch stets als Verhandlungsmasse in Streitverhandlungen, beispielsweise zur Übertragung von Patenten, einbringen.